Interview mit Franz Pany zum Sudetendeutschen Tag in Nürnberg

„Ein Erlebnis für alle Generationen“

Der 63. Sudetendeutsche Tag in Nürnberg ist in jeder Hinsicht ein Ereignis. Für die Sudetendeutsche Zeitung Grund genug, sich mit Franz Pany, dem Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft, über das Programm, die Fakten und die Hintergründe zu unterhalten.

Mit rund 40 Veranstaltungen und großem kulturellem Schwerpunkt hat der ST 2012 ein gewaltiges Programmangebot am Pfingstwochenende. Eine organisatorische Herausforderung?


Franz Pany: Unbedingt – jedes Jahr wieder! Die Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle bewältigen diese Aufgabe mit Bravour. Eine unverzichtbare Stütze sind zudem die vielen, vielen Ehrenamtlichen in den Landes-, Kreis- und Ortsgruppen, in den Heimatlandschaften und Heimatkreisen sowie die Amtsträger der sudetendeutschen Organisationen und Vereinigungen, die bei der Programmgestaltung und der Organisation kräftig mit Hand anlegen. Gott sei Dank! Nur dadurch kann auch diese Vielfalt insbesondere bei den kulturellen Veranstaltungen und Angeboten erreicht werden. Aber aus eigener Erfahrung weiß ich: Der Sudetendeutsche Tag wird erst zu einem ganz besonderen Erlebnis, wenn man sich nach seinen Möglichkeiten einbringt, sei es jetzt durch ideelle oder finanzielle Unterstützung, Mitarbeit oder als Besucher.

Wie viele Besucher erwarten Sie denn?

Pany: Ich rechne wieder mit mehreren zehntausend aus dem In- und Ausland. Freunde unserer Sache aus Politik und Zivilgesellschaft werden ebenso zugegen sein wie zahlreiche Gäste aus der Tschechischen Republik. Vor allem aber wünsche ich mir, daß der Sudetendeutsche Tag wieder ein Erlebnis für alle Generationen und alle Landsleute wird. Denn unsere Landsleute sind die Hauptpersonen!

Weshalb haben Sie als Veranstaltungsort diesmal den neuen Teil des Nürnberger Messegeländes gewählt?

Pany: Von der Infrastruktur her ist dieser Messebereich optimal. Wir haben dort moderne, helle Veranstaltungsräume. Aufzüge und Rolltreppen erleichtern die ohnehin kurzen Wege zu den Veranstaltungsräumen, großzügige Bus- und Pkw-Parkplätze sind vorhanden. Und wer mit der U-Bahn kommt, wird mit einem kostenlosen Shuttlebus bis zum Eingang Ost gebracht.

Das Festabzeichen kostet 15 Euro. Gibt es auch Ermäßigung?

Pany: Ja, Kinder unter 14 Jahren sind frei. Schüler und Studenten zahlen die Hälfte. Wie immer fließt der Erlös ungeschmälert in die Organisation des ST.

Wie will die Sudetendeutsche Landsmannschaft die jüngere Generation ansprechen?

Pany: Es gibt keine bessere Gelegenheit als den Sudetendeutschen Tag, mehr über die Heimat der Vorfahren zu erfahren. Junge Menschen, die sich für ihre Wurzeln interessieren, finden in Zeitzeugen ihre Ansprechpartner. Das wissen mittlerweile auch die immer zahlreicher werdenden Besucher aus der Tschechischen Republik. Wir haben schon bei der Werbung für den Sudetendeutschen Tag darauf geachtet, daß wir auch über neue und mit neuen Medien werben. So findet sich neuerdings auf unseren Plakaten nicht nur das Facebook-Zeichen, sondern auch ein Quellcode, damit sich alle, die mit Smartphones unterwegs sind, schnell und umfassend über den Sudetendeutschen Tag informieren können. Unser Angebot ist so vielfältig, daß wir damit auch den Ansprüchen beziehungsweise dem Informations- und Erlebnisbedarf der Jüngeren unter uns gerecht werden können.

Stichwort Tschechische Republik: Haben die Prag-Reisen des Schirmherrn Horst Seehofer die Zusammenarbeit mit dem tschechischen Volk befördert?

Pany: Die Reisen haben sicher neuen Schwung in die deutsch-tschechischen Beziehungen gebracht. Die Sudetendeutsche Volksgruppe pflegt seit Jahrzehnten durch zahlreiche Begegnungen auf vielen gesellschaftlichen Ebenen wie Patenschaften, Partnerschaften, Heimatreisen, gemeinsamen „Workshops“ und Ausstellungen – verstärkt auch durch Unternehmungen der jungen Generation – eine gute Zusammenarbeit. Dabei stellen wir fest, daß zunehmend unsere Unterstützung angefragt wird, gerade wenn es um die Beratung tschechischer Volkskundler geht. Sie wissen längst: Die Volkskultur der Sudetendeutschen gehört zur Kultur Böhmens. Und wir sorgen mit unserem Engagement – insbesondere durch den Sudetendeutschen Tag – dafür, daß sie in unserer angestammten Heimat weiterhin sichtbar und spürbar ist.

Berührungsängste gibt es also nicht?

Pany: Nein, nicht mit dem tschechischen Volk, ganz im Gegenteil.

Auf der politischen Ebene vielleicht?

Pany: Wir haben keine Berührungsängste, andere möglicherweise schon. Aber daran arbeiten wir mit unserem Sprecher Bernd Posselt und der Unterstützung unseres Schirmherrn, Ministerpräsident Horst Seehofer. Unser Ziel ist: direkte Gespräche zwischen Vertretern der Sudetendeutschen Landsmannschaft und der tschechischen Staatsführung.

In diesem Jahr sind erstmals Aussteller aus der Heimat der Sudetendeutschen beim Sudetendeutschen Tag. Eine Premiere?

Pany: Ja, das kann man so sagen. Ich betrachte es aber eher als Sichtbarwerden der jahrzehntelang praktizierten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit unserer Landsleute. Dazu gehört auch, daß man sich gegenseitig besucht und unterstützt. So wie jetzt immer mehr Tschechen beim Sudetendeutschen Tag präsent sein werden.

Was hat Sie bewogen, eine Kultur- und Tourismusbörse anzubieten?

Pany: Wir wollen – nicht zuletzt jungen Menschen – den Kulturreichtum und die Schönheit der Heimat unserer Vorfahren näherbringen. Reisen, das Kennenlernen des Nachbarn befördern die notwendige Verständigungsbereitschaft auf beiden Seiten. Auch die Tourismusbranche kann dazu einen Beitrag leisten.

Sehen Sie Chancen, das sudetendeutsch-tschechische Verhältnis weiter zu verbessern?

Pany: Ja, wenn wir den Mut haben, auf beiden Seiten Vorurteile abzubauen und auch für beide Seiten schwierige Themen anzusprechen und so für die wahrheitsgemäße Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte eintreten.

Veröffentlicht in Aktuelles, Aus der Sudetendeutschen Landsmannschaft.

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