Dörfel

Dörfel wird erstmals im Jahre 1624 erwähnt. Es bestand ursprünglich aus vier großen Bauernwirtschaften mit je einer Mühle. Den Namen dürfte Dörfel von dem ehemaligen Gut Siebendörfel erhalten haben, zu dem es gehörte und dessen Verwalter hier seinen Sitz hatte. Nach einem Register des Röchlitzer Pfarrers Ignazius Puske anno 1775 waren zu jener Zeit folgende Bauern in Dörfel ansässig: Joh. Josef Wondrak, Anton Tschirdl, Johann Horschak, Hans Christ. Schwarzbach, Ferdinand Hübner, Hans Christ. Ilchmann, Philip Hübner, Joh. Jakob Seibt, Gottfried Ehrlich, Hans Christ. Ehrlich. Diese waren auch zur Zeit der Vertreibung noch die gebräuchlichsten Familiennamen.

Die Industriealisierung brachte einen starken Zugang aus den Nachbargemeinden. Auch Tschechen, die in der Lederer & Wollfabrik Arbeit fanden, siedelten sich nach und nach an. Nach der Gewerbezählung im Jahre 1902 gab es 190 landwirtschaftliche, 158 gewerbliche und industrielle Betriebe sowie 35 Heimarbeiter. Im Jahr 1900 hatte die Gemeinde bereits 3.629 Einwohner und 368 Häuser, im Jahre 1945 445 Häuser und ca. 4.000 Einwohner.

1908 wurde Dörfel auf Grund seiner Größe, seiner wirtschaftlichen Kraft und Bedeutung zur Marktgemeinde erhoben. Der erste Bürgermeister war der Landwirt und spätere Senator im Prager Parlament Ignatz Hübner.

Es gab in Dörfel mehrere große Fabrikbetriebe. So die Schafwollwarenfabrik Franz Liebieg mit zwei Betrieben und zusammen ca. 1.000 Mitarbeitern, die Fa. Lederer & Wolf, später Tannwälder Textilwerke mit ebenfalls fast 1.000 Mitarbeitern und die Fa. Ferd. Elger, Schafwollwarenfabrik mit mehreren 100 Beschäftigten. Nach 1945 wurde diese Fabrik von den Tschechen bedeutend erweitert und auf einen Betrieb für Luftwaffenbedarf umgestellt.

Als erste Schule wird die Pfarrschule im Gasthaus „Zur Laterne“ erwähnt. Im Jahre 1877 wurde die erste Volksschule errichtet, die später als Gemeinde- und Postamt Verwendung fand. 1902 wurde die neue Sprengelbürgerschule erbaut, zu der auch die Nachbargemeinden Röchlitz, Eichicht, Langenbruck, Nieder- und Oberhanichen, Heinersdorf, Münkendorf, Schimsdorf und Lubokei eingeschult wurden. Nach 1918 wurden in fast allen größeren Orten des Kreises tschechische staatliche Schulen errichtet.

In kirchlicher Hinsicht gehörte Dörfel zur Pfarrei Röchlitz. Die Bevölkerung war bis zum Jahre 1918 überwiegend katholisch. Nach Angliederung des Sudetengaus an die Tschechoslowakei griffen jedoch freiheitlichere Tendenzen durch und ein großer Teil der arbeitenden Bevölkerung wurde nach der wirksamen Propaganda der kommunistischen Partei konfessionslos.

Besonders hart wurde Dörfel im Siebenjährigen Krieg mitgenommen. Auch die Franzosenkriege gingen nicht spurlos vorüber, desgleichen der Bruderkrieg 1866. Im westlichen Teil von Dörfel fand ein Reitergefecht statt, woran ein Kriegerdenkmal gegen Langenbruck noch heute erinnert. Schwere Opfer forderte der erste Weltkrieg. Im Jahre 1928 brach die Wirtschaftskrise herein und viele Betriebe mußten ihre Produktion einstellen. Viele ältere Menschen wurden arbeitslos und bekamen eine sogenannte „Czechkarte“ im Werte von 10 Kc für die Woche. Da die Sozialversicherung in der Tschechei erst 1926 eingeführt wurde, hatten diese Leute noch keinen Anspruch auf Rente.

Nachdem im Oktober 1938 die sudetendeutschen Gebiete an das Reich angeschlossen wurden, war die herrschende Arbeitslosigkeit gebannt. Nach dem Zusammenbruch am 5. Mai 1945 wurde auch dieses Gebiet von den Russen besetzt. Wochenlang durchzogen russische Truppen und Partisanen den Ort. Vergewaltigungen und Plünderungen waren an der Tagesordnung. Große Viehherden aus Schlesien durchzogen wochenlang den Ort und weideten die Wiesen und Getreidefelder ab. Die Versorgung der Bevölkerung brach vollkommen zusammen, bis nach Wochen endlich Lebensmittelkarten mit dem Aufdruck „Deutsche“ ausgegeben wurden, die den ehemaligen Judenkarten nachgemacht waren. Auf diese gab es weder Leisch noch Fett, noch Eier oder Milch.

Bereits Anfang Juni 1945 setzte die Vertreibung der Deutschen ein. Die Leute wurden durch tschechische Polizeiorgane aufgefordert, innerhalb weniger Stunden auf dem Gemeindeamt zu erscheinen. 30 kg Gepäck durfte jeder mitbringen, das dann gründlich durchsucht und wovon alles Brauchbare weggenommen wurde. Dann ging es unter Polizeiaufsicht in das Sammellager nach Reichenberg oder Habendorf. Von dort wurden die Menschen dann in offenen Kohlenwaggons nach Grottau verfrachtet, wo ihnen oft von Russen oder Polen der Rest ihrer Habe weggenommen wurde und von wo sie, nur mit dem Nötigsten bekleidet, über die Grenze gejagt wurden. Nun kamen die Tschechen aus dem Inneren des Landes und bemächtigten sich des Besitzes und der zurückgelassenen Habe der vertriebenen Deutschen. Man nannte sie „Goldgräber“.

 

 

 

 

 

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