Das Isergebirgs-Museum in Neugablonz

Am 1. Juni 2003 wurde in Kaufbeuren das Isergebirgs-Museum eröffnet. Es präsentiert auf 1.500 Quadratmetern Ausstellungsfläche rund 400 Jahre deutsch geprägte Kultur- und Industriegeschichte im Isergebirge, ihr abruptes Ende durch die Vertreibung und die Aufbauleistung der Isergebirgler in Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft nach 1945. Das Museum steht täglich außer Montag von 14.00 – 17.00 Uhr für Besucher offen.

Das Isergebirgs-Museum geht aus verschiedenen älteren Sammlungen hervor: Wertvolle Exponate aus der Reichenberger Heimatstube in Augsburg und dem Kratzauer Archiv in Marktoberdorf ergänzen die Bestände des Gablonzer Heimatmuseums und des Neugablonzer Industrie- und Schmuckmuseums. Leihgaben stellen u.a. das Nordböhmische Museum in Reichenberg (Liberec), das Museum für Glas und Bijouterie in Gablonz an der Neiße (Jablonec nad Nisou), die Stiftung Auto-Museum Volkswagen in Wolfsburg und der Reichenberger Künstler Egon Hartmann zur Verfügung.
Das Konzept für ein neues Museum entstand im Rahmen der sudetendeutschen Museumskonzeption. Gemeinsam mit dem Egerland-Museum in Marktredwitz und dem geplanten Sudetendeutschen Museum in München soll das Isergebirgs-Museum Aufgaben eines „dreiteiligen Landesmuseums der Sudetendeutschen“ übernehmen. Es wird vom Freistaat Bayern institutionell gefördert. Die Trägerschaft liegt bei der Stiftung Isergebirgs-Museum, die im Jahr 2000 von fünf Vereinen und Verbänden gegründet wurde: dem Heimatkreis Reichenberg, dem Gablonzer Archiv und Museum e.V., dem Neugablonzer Industrie- und Schmuck-museum e.V., dem Gablonzer Heimatkreis und dem Bundesverband der Gablonzer Industrie. Den Museumsbesucher erwarten fünf Themenräume und ein Sonderausstellungsraum, in dem wechselnde Themenausstellungen gezeigt werden. 
Auf ihrem Rundgang durch das Museum werden die Besucher von drei prominenten Zeitzeugen begleitet: der Schriftsteller Otfried Preußler, der Glasmacher Claus Josef Riedel und der Mundartdichter Heinz Kleinen berichten via Hörstation über ihre persönlichen Erfahrungen. Abteilung l stellt das Isergebirge vor. Das große Gebirgsrelief von Richard Bienert aus der Reichenberger Heimstube veranschaulicht eindrucksvoll die topografischen Gegebenheiten. Sie erschwerten Ackerbau und Viehzucht, boten jedoch günstige Bedingungen für Handwerk und Industrie.
Unter diesen Voraussetzungen entwickelte sich das Isergebirge zu einer der frühesten Industrieregionen in Europa. Tuche aus Reichenberg und Friedland, Glas- und Schmuckwaren aus Gablonz waren vom 19. Jahrhundert an weltweit begehrte Exportartikel.
Abteilung 2 des Museums befasst sich mit der Wirtschaftsgeschichte und stellt die Besonderheiten der Region vor. Die Nachbildung eines „Drückerofens“ veranschaulicht die Technik des Glasdrucks. Ein Tuchwebstuhl aus dem 19. Jh. steht für die erfolgreiche Textilproduktion. Es war Albrecht von Wallenstein, Herzog von Friedland, der Reichenberg und Friedland mit Aufträgen für Uniformtuche mitten im Dreißigjährigen Krieg eine erste Hochkonjunktur bescherte. Die Region um Reichenberg entwickelte sich bis zum 19. Jh. zum Textilzentrum der Donaumonarchie, Reichenberger Tuche waren
bekannt für ausgezeichnete Qualität.
Aus dem mit der Textilindustrie verbundenen Maschinenbau erwuchsen Pionierleistungen der Fahrzeugtechnik. Baron Theodor von Liebieg, der 1894 von Reichenberg aus die erste Fernfahrt der Automobilgeschichte unternahm, gab 1907 den Anstoß zum Bau der Reichenberger Automobilfabrik. Auch einer der bekanntesten Autokonstrukteure stammt aus dem Isergebirge: Ferdinand Porsche wurde 1875 in Maffersdorf geboren. Ein VW-Käfer, Baujahr 1954, erinnert im Isergebirgs-Museum an den Erfinder des beliebten Volkswagens, der zum Symbol des deutschen Wirtschaftswunders wurde.
Mit dem Alltag, dem kulturellen und dem gesellschaftlichen Leben im Isergebirge, befasst sich die 3. Abteilung des Museums. Das Modell eines typischen Isergebirgs-Hauses und bürgerliches Mobiliar aus der Zeit um 1900 verdeutlichen Unterschiede in der Lebensweise: hier der mühsame und arbeitsreiche Alltag im Gebirge, dort das weitaus komfortablere Leben in den weltoffenen Handelsstädten. Diese Abteilung wird sich ab Herbst 2009 in einer neuen Gestaltung präsentieren.  
Die Abteilung 4 „Sudetenfrage, Krieg und Vertreibung“, die im Moment ein Provisorium ist, wird zur Zeit neu konzipiert und soll 2010 ausgebaut und eröffnet werden. Die Inszenierung einer Vertriebenen-Wohnstube lässt den Besucher nachvollziehen, unter welch primitiven Bedingungen die Heimatvertriebenen anfangs leben mussten. 
Abteilung 5 schildert den Neubeginn der Isergebirgler nach 1945. Die wiedererstandene Gablonzer Industrie in Neugablonz und Unternehmen wie Verla-Pharm, hervorgegangen aus der Reichenberger Löwen-Apotheke, leisteten einen erheblichen Beitrag zum Wirtschaftsaufschwung nach den Krieg.
Persönlichkeiten aus dem Isergebirge haben unsere Kultur nachhaltig geprägt, sei es der Maffersdorfer Ferdinand Porsche mit seiner zukunftweisenden Fahrzeugtechnik oder der Reichenberger Otfried Preußler mit seinen beliebten Kinderbüchern.
Um den weitere Ausbau der Dauerausstellung finanziell bewältigen zu können, ist das Museum dringend auf Spenden angewiesen.

Eva Haupt M. A.
Museumsleiterin

 

Direkt zum Isergebirgsmuseum hier klicken.

Schreibe einen Kommentar