Kunnersdorf

Heimatstelle Kunnersdorf
Gemeindebetreuer

 

In der Festschrift „Kunnersdorf – 400 Jahre“ von Franz Spatzal (Sonderdruck aus „Jeschken/Iserland“, neue Folge Bd. 4, 1942/43) kann man lesen, daß Kunnersdorf 1542 erstmals urkundlich erwähnt wird. Wie Harzdorf gehört es zu den 20 Dörfern aus dem Urbar von 1560 des Reichenberger Stadthauptmannes Joachim Ulrich von Rosenfeld. Sie waren von den Lokatoren der Herren von Biberstein Mitte des 15. Jahrhunderts nach den Hussitenkriegen angelegt worden. Im Dorfe siedelten 1560 ein Scholze und sieben Handbauern. Ihre Zahl blieb bis 1883 gleich. Im Josefskataster von 1772 hatten die Handgüter die Hausnummern 12, 14, 16, 20, 23, 27, 28 und 31. Das größte Gut (Nr. 31) war der Hof des Lokators und ersten Scholzen Konrad, dem der Ort seinen Namen verdankt. Die Karte von 1624 aus der Ressel’schen Heimatkunde veranschaulicht die Landaufteilung. Auengärtnerhäuser sind seit 1594 bzw. 1600 bezeugt. 1610 trat der Besitzer des Handgutes Nr. 12 sieben Parzellen am Fuße des Proschwitzer Kammes für ab. So entstand an der Grenze zu Luxdorf Klein-Kunnersdorf. Der 30jährige Krieg und die Pest verhinderten die Weiterentwicklung des Ortes. Im Josefskataster werden 36 Häuser genannt. Bis 1800 kamen elf hinzu (37 mit 47), zwischen 1880 und 1935 weitere zwanzig (48 mit 67). – Kunnersdorf war nach Maffersdorf eingepfarrt. Verstorbene Kunnersdorfer begrub man auf dem Maffersdorfer Friedhofe. Schulmäßig gehörte der Ort anfangs auch zu Maffersdorf, wo es seit 1617 eine Schule gegeben haben soll. Im Wohnhause des IIandgutes Nr. 12 fand der erste Unterricht in Kunnersdorf statt. 1873 wurde im Hause Nr. 24, dem „Glöcklhause“, neben dem in einem Holzgerüst die Ave-, Feuer- und Sterbeglocke hing, eine Expositur errichtet. 1892 erhielt der Ort im Hause Nr. 38 eine einklassige Schule (Alte Schule!). 1898 war die „neue Schule“ oberhalb des Gasthof:y „Zum Heimattal“ an der Neuen Bezirksstraße bezugsfertig. Das Türmchen auf dem Dache des Gebäudes nahm die Glocke auf. – Um 1900 hatte der Ort 55 Hausnummern, aber nur 49 bewohnte 1 läuser. Nr. 2, 15, 21, 28, 32 und 35 waren abgebrannt. Ihre Nummern erhielten spätere Neubauten. 1930 hatte das Dorf 410 Einwohner. Seit 1918 hatte die Regierung der 1. Tschechoslowalcischen Republik in dem ihr durch den Versailler Vertrag nach dem Ende des 1. Weltkriegs zugeschlagenen Nordböhmen Tschechen angesiedelt. Als die Kunnersdorfer Schule tschechisiert werdeu sollte, nahm man die sich widersetzenden Gemeinde- und Ortsschulräte in Beugehaft. Die Folge war ein Schulboykott: die deutschen Kinder besuchten künftig die Maffersdsorfer Schule. Nach dein „Anschluß“ des Sudetenlandes ans Deutsche Reich durch das Münchner Abkomnien von 1938 hatte das Dorf noch 333 Einwohner. Seit 1918 zugezogene Tschechen waren in ihre Dörfer im „Protektorat“ zurückgekehrt. Gegen Ende des 2. Weltkrieges waren Flüchtlinge aus dein Osten und Evakuierte aus durch Luftangriffe gefährdeten Großstädten im Orte untergebracht. Nach dem 8. Mai 1945 wurden diese „Reichsdeutschen“ als erste von den Tschechen ins „Altreich“ ausgeschafft. Mit „wilden Vertreibungen“ fing am 12. Juni 1945 die Abschiebung der einheimischen Dorfbewohner an. Der erste Transport ging in die benachbarte Lausitz. Die Wohnungen der Deportierten wurden vom Narodny Vibor versiegelt, kurze Zeit von Tschechen bewohnt und leergeräumt. Jeder Hof erhielt einem tschechischen „Spravze“. Enteignete Besitzer durften bis zur Abschiebung meist im „Ausgedinge“ wohnen bleiben. Die Transporte gingen nach Waren/Müritz oder Stralsund. Auf den Geburtsurkunden der über das Lager Habendorf Deportierten ist der Stempel ODSUN zu lesen, „Expatriierung wegen Mittellosigkeit und Landtreicherei“. Die Beneschdekrete der 2. Tschechoslowakischen Republik hatten sie besitz- und wohnungslos gemacht, um dem Wortlaute eines verstaubten Gesetzes aus der Kaiserzeit Genüge zu tun…

 Ilse von Rohrscheidt

 

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